27.02.2024
Feldstudien mit autonom fahrenden Robotern und Datenschutz
ZEN-MRI erforscht den Einsatz von autonom fahrenden Robotern im öffentlichen Raum. Um aussagekräftige Ergebnisse zu Verhalten und Einstellungen von Menschen in Bezug auf autonom agierende Maschinen, wie z.B. führerlose Reinigungsgeräte, zu gewinnen, sind Feldstudien an realen Einsatzorten unter Echtbedingungen unausweichlich. Dies stellt nicht nur an Forschungsdesign und organisatorische Umsetzung besondere Anforderungen. Auch den Datenschutz gilt es ausreichend zu beachten.
Studien unter Echtbedingungen rechtssicher durchführen
Gerade bei Feldstudien an realen Einsatzorten mit Menschen, die nicht über besondere Robotererfahrung verfügen, ist für Wissenschaftler:innen und Forscher:innen oft unklar, wie aus juristischer Sicht zu verfahren ist. Eine nicht seltene Klage lautet: Komplexe Gesetze und rechtliche Rahmenbedingungen mit teils undurchsichtigen oder unvollständigen Bestimmungen bremsen Forschung unter Echtbedingungen aus. Das Projekt ZEN-MRI versucht dem zu begegnen, indem von Beginn an projektbegleitend ein rechtliches Monitoring stattfindet.
Die datenschutzrechtlichen Hürden bei Feldstudien mit autonomen Robotern sind dabei nicht unüberwindbar. Wichtig ist vor allem, die Anforderungen des Datenschutzes bereits beim Forschungsdesign mitzudenken und alle notwendigen Schritte konsequent von Anfang an umzusetzen. Dabei ist der rechtliche Rahmen idealerweise so zu gestalten, dass Forschende möglichst frei agieren können und gleichzeitig – vor allem auch gegenüber zufällig einbezogenen Proband:innen wie etwa Passant:innen – transparent und rechtssicher handeln.
Datenschutzkonzept als Grundgerüst jeder rechtssicheren Forschung
Das Grundgerüst einer jeden Verhaltensstudie bildet dabei das Datenschutzkonzept. In diesem sollten Fragen wie die rechtliche Verantwortung, das Studiendesign, der Forschungszweck, die Art und Weise der erhobenen Daten, die rechtlichen Grundlagen und die Dauer der Datenverarbeitung sowie die spätere Löschung beantwortet sein. Ebenso ist über Wege der Pseudonymisierung oder Anonymisierung von Forschungsdaten zu entscheiden. Bei Einbindungen von spezieller Software, KI-Systemen, Forschungsdienstleistern oder Cloud-Diensten sind zudem alle datenschutzrechtlichen Probleme zu klären.
Eine besondere Herausforderung bei Interaktionsstudien unter Echtbedingungen: In der Regel ist Zweck dieser Forschung, von äußeren Umwelteinflüssen möglichst unbeeinflusste Ergebnisse zu erhalten. So sollen beispielsweise im Rahmen von Feldforschungen des Projekts ZEN-MRI Passant:innen den als Versuchsobjekt eingesetzten autonomen Robotern möglichst unvoreingenommen begegnen. Die Schwierigkeit besteht also darin, den Versuchsaufbau rechtlich so zu gestalten, dass gegenüber betroffenen Personen transparent und informiert gehandelt wird, gleichzeitig aber nicht der Forschungszweck gefährdet wird.
Das Forschungsprivileg – Datenerhebung im Interesse der Wissenschaft
Eine große Hilfe stellt hierbei das datenschutzrechtliche Forschungsprivileg dar, welches die Prinzipien der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) auch gegenüber Datenschutzgesetzen wie der DS-GVO zur Geltung bringt. Es ermöglicht Hochschulen und Forschungseinrichtungen ihren Forschungsauftrag zwar nicht unter Missachtung des Datenschutzes, aber dennoch unter angemessener Berücksichtigung ihrer verfolgten Forschungszwecke umzusetzen. So kann das Forschungsprivileg – bei grundsätzlich transparentem, datensensiblem und -sicherem Vorgehen – rechtfertigen, zugunsten eines unbeeinflussten menschlichen Interaktionsverhaltens Datenschutzprozesse einzuschränken. Das Forschungsprivileg ermöglicht es also den Forschenden – vereinfacht ausgedrückt – Datenerhebungen im Interesse der Wissenschaft – durchzuführen, die normalerweise strengeren rechtlichen Anforderungen unterliegen.
Doch auch das Forschungsprivileg hat Grenzen und ist bei jeder durchgeführten Studie stets mit den Datenschutzinteressen betroffener Personen in Einklang zu bringen. Dabei gilt: Je sensibler, umfassender und langfristiger die zu Forschungszwecken durchgeführten Beobachtungs- und Auswertungsstudien sind, umso eher gelten die herkömmlichen Datenschutzprinzipien. Das Forschungsprivileg vermag daher nicht jegliches Forschungsinteresse in Bezug auf menschliches Verhalten zu rechtfertigen.
Es gibt immer eine:n Verantwortliche:n
Auch wenn das datenschutzrechtliche Forschungsprivileg bestimmte Freiheiten beim Design und der Durchführung von menschlichen Interaktionsstudien bietet, befreit es in aller Regel auch nicht von der Erstellung von Datenschutzkonzepten und Verarbeitungsverzeichnissen, Datenschutzhinweisen und technischen und organisatorischen Schutzmaßen (TOM-Maßnahmen). Trotz Forschungsprivilegs bleibt – je nach Forschungsdesign – also Einiges zu beachten. Dabei ist die saubere rechtliche Durchführung nicht nur eine lästige Pflicht. Sie gibt den Forschenden auch Rechtssicherheit; denn ihre Forschungseinrichtungen und sie sind letztlich für ihre Studien und damit zusammenhängende Datenverarbeitungsprozesse verantwortlich.
MV/CL/JH
Weiterführende Quellen: